Brettacher Kirche
 

  Geschichte der Brettacher Kirche 
Artur Georg Klein (1959)
Innenansichten unserer Kirche

Der Anfang der Kirche

Die erste Kirche des Brettachtales stand in Helmbund. Dort wurde in fränkischer Zeit von der Herrschaft in Weinsberg ein Königsgut eingerichtet mit einem königlichen Dienstmann und die Mutterkirche, d. h. die Taufkirche erstellt. Gegen Ende des 10. Jhdts. wurde durch die Grundherrschaft auch in Brettach eine Kirche erbaut, und zwar gegenüber dem Herrenhof - so war es die Regel -, auf dem aus dem Tal ansteigenden Gelände, also an der Stelle des oben erwöhnten heidnischen Quellenheiligtums. So fiel die Erneuerung unserer Kirche 1955 zusammen mit dem 1000jährigen Jubiläum ihres Bestehens. Es war die Zeit der Klostergründungen sowie der Kirchen- und Burgenbauten. Viele Kirchen wurden zum Schutz der Bevölkerung als Wehrkirchen cngelegt, so auch die Brettacher Kirche. Dieser Charakter der Wehrkirche erweist sich einmal an dem mächtigen bergfriedähnlichen Turm, der aus großen Quadersteinen in einer Mauerstärke von 1,50 m, in einer Höhe von 32 m, in einer Breite von 6,44 m und einer Tiefe von 7,44 m errichtet war. Möglicherweise diente der untere Teil des Turmes ursprünglich als Kapelle. Der Hochaltar stand an der Stirnseite des heutigen Chores unter dem frühromanischen Fenster. An dieser Stelle befindet sich heute noch das Grab das man unter dem Altar zur Beisetzung eines Priesters oder Heiligen anzulegen pflegte. Im Verhältnis zu dem Turm war das Kirchenschiff klein. Die Höhe seiner Mauern betrug nach den Bauakten aus dem Jahr 1578 4,20 m, seine innere Weite 6,44 m, also genau die Breite des Turmes, die Länge 10,26 m. Es war an den Turm angesetzt ohne bauliche Verbindung mit demselben. Bei den Erneuerungsarbeiten 1955 hat Gipsermeister A. Seeberger in der Südwand des des Schiffes den Eckstein festgestellt, der das ursprüngliche Ende der Mauer angezeigt. Siehe Bild (gezeichnet von W.Dorfer.)

Das romanische Fenstergestein, das in dem oberen Teil der Westwand der heutigen Kirche eingemauert ist, stammt sehr wahrscheinlich aus dem alten Kirchenschiff. Zum anderen erweist sich der Wehrcharakter an den „Gaden". Das sind kleine Häuschen, die an die Innenseite der Kirchhofmauer angebaut die Kirche umgaben. Diese Gaden hatten meist einen gewölbten Keller, zu ebener Erde je einen Raum für Menschen und Vieh und im Dachstock Platz für Futter. Dahin flüchtete sich die Bovölkerung in Zeiten der Gefahr. Die Bauakten von 1578 erwähnen 23 Gaden. Daraus läßt sich schließen, daß zur Zeit der Anlage der Gaden zumindest 23 Höfe bestanden. Die Skizze 4 (Zeichnung von Herrad Spieser) zeigt, wie man sich das Aussehen von Kirche und Kirchhof in der Zeit vor 1578 denken muß. Diese „Hüttlin" wurden später von Bauern, die dafür einen Zins an die Kirchenpflege zahlten, zum Unterbringen von Früchten und Futter benützt.

Die Kirchenheiligen

Hoffmann vermerkt in seiner Aufzählung der Kirchenheiligen in Württemberg, daß die Kirche in Brettach Peter und Paul geweiht sei. In „Das Königreich Württemberg", Bd. I, p.524 wird als Kirchenpatron der hl. Ägidius genannt. Es ist also entweder anzunehmen, daß ein Nebenaltar diesen südfranzösischen Heiligen geweiht war. Er kann da gestanden haben, wo heute das „Tauftörle" ist. Oder die anfängliche Kirche war dem Ägidius geweiht, dem Partron der Fruchtbarkeit, besonders der Ernte. Dafür spricht, daß die Verehrung des Ägidius, der Abt in der an Burgund angrenzenden Provence war, in der Zeit der Erbauung unserer Kirche aufgekommen ist. Wenn weiter, wie neueste Forschungen annehmen, der Chorturmbau aus Burgund stammt, liegt die Vermutung nahe, daß bei unserer Kirche ein Zusammenhang zwischen Baustil und dem Kirchenheiligen Ägidius besteht. Auch errinnert an diesen Heiligen der hiesige Gemarkungsname „Gilgenäcker" (Gilge obd. Ägidius.) Diese Äcker zog der Herzog nach der Reformation an sich und verkaufte sie an Private. Möglicherweise deutet auch das Brettacher Wappen, die Haferrispe, als Zeichen der fruchtbaren Ernte auf Ägidius hin. Eine dritte mögliche Annahme wäre die, daß die Kapelle dem Ägidius geweiht war, und nach dem Anbau des Schiffes im 11. Jhdt. die Kirche den Aposteln Peter und Paul geweiht wurde. Im Jahre 1514 scheint die alte Kirche erneuert worden zu sein. Zeichen dieser Erneuerung sind das gotische Fenster in der Südwand des Chores und das heutige Westportal mit dem gotischen Astwerk mit der Jahreszahl 1514. Der Schlüssel deutet auf den Bischof von Worms, der wahrscheinlich seit der Verpfändung an die Pfalz die kirchliche Oberhoheit besaß. Das württembergische Wappen zeigt, daß politisch Brettach zu Württemberg gehörte. Das Portal wurde nach der Erweiterung der Kirche wiederverwendet.

Pfarrer und Pfarrhaus vor der Reformation

Im Jahre 1264 wird Otto, Vicarius in Brettach, erwähnt. 1293 ist ein Konrad von Brettach als Kaplan genannt. 1400 ist Heinrich Brotbeck von Neuenstadt Pfarrer in Brettach, 1451 Hans Meerfleiß. 1495 ist Pfarrer Kaspar Ruff und Frühmesser Lienhart Stoll. Frühmeßpfründgebäude waren die Häuser an der Kirchmauer.

Lehnsherr der Pfarrei war der Kaplan zu Scheuerberg bei Neckarsulm. Ob der erste Pfarrer nach Einführung der Reformation, Thomas Bauer, schon vor derselben hier amtierte, ist ungewiß. Vielleicht ist sein Name im Verzeichnis der lutherischen Pfarrer deshalb wieder gestrichen worden, weil er vorher katholischer Priester gewesen war und nicht eine rein lutherische Ausbildung hatte. Auch der Name seines Nachfolgers, Joachim Stahl, wird aus demselben Grunde gestrichen sein. Das erste Pfarrhaus wurde wahrscheinlich im 14. Jhdt. erbaut. Es stand östlich des jetzigen, das aus dem Jahre 1740 stammt.

Die Kirche nach der Reformation

Im Jahre 1541 wurde Brettach evangelisch. Für die inzwischen auf 600 angewachsene Einwohnerzahl waren die Kirche und der Kirchhof zu klein geworden. Dies geht aus folgenden Berichten hervor, in denen der Oberamtmann von Weinsberg dem Herzog die Erweiterung des Kirchenschiffes vorschlägt. Nachdem er "samt dem Forstmeister zu Neuenstadt, auch Meister Veltin Steinmetz" die Kirche und den Kirchhof besucht hatte, schreibt er unter dem 22.6.1574 "der engen Kirche und Friedhofs halber zu Brettach", daß "das Kirchlein bis an den Kirchturm nur 37 Schuh lang, 23 Schuh breit und an der Mauer 15 Schuh hoch" ist. "So ist der alt Kirchhof auf der rechten Seiten, so man zum Tor hineingeht zwischen der Kirche und den Häuslen 13 und auf der linken Seiten 6 Schuh breit. Und dann der alt ganz Kirchhof zu der Ringmauern in der Breiten 6 und in der Längen 7 Ruten. Und dieweil der Kirchhof so eng und zu der Begräbnis nit weit genug gewesen, hat die Gemeind zu Brettach mit Rat Ihrer Ober- und Unteramtsleut zu Neuenstadt ein Teil der Kirchmauer hinweggebrochen und den Kirchhof an der breiten Wand 3 Ruten in der Breiten und in der Länge 6 Ruten erweitert". Diese Friedhofserweiterung war auf Betreiben der Gaden-Besitzer geschehen, die sich gegen die Kirchenvergrößerung wehrten, weil sie dadurch die ,,Hüttlin", die sie "mit etlichen jährlichen Früchten an den Pfarrer erkauft hatten, hatten abreißen müssen. Sie wollten es bei einer Vergrößerung des Friedhofs bewenden lassen und hatten nach dem Bericht des damaligen Dekans von Weinsberg den Neuenstädter Amtmann David Erbermann "mit einem Kalb verschmieret", damit er die Friedhofserweiterung ihren Plänen entsprechend genehmigte. Der Oberamtmann fährt in seinem Bericht fort: "Der Pfarerr zeigt an, daß er bei den 600 Communanten zu versehen, welche bei weitem in diesem engen kleinen Kirchlein nit Platz noch weithin genug wär, denn die Erfahrung mitbringt, daß viele Männer, Weiber und Kinder Sommer und Winter gern außerhalb der Kirchen bleiben." Sie "befinden: Weil Brettach ein groß Dorf mit einer großen Commun, und aber ihr selbig Kirchlein viel zu klein, daß sie nachfolgend gestalt zu erweitern, nämlich daß die am Hinteren Giebel gegen den neuen Kirchhof auf 26 Schuh verlängert und die eine Seiten der Kirchmauer gegen die kleinen Häuslin und die Sakristei 19 Schuh hinausgerückt- und die ganz Kirchmauer zu allen Teilen noch 6 oder 7 Schuh höher denn die alt Mauer gewesen erhöht wird; möge alsdann das Pfarrvölklein weithin und Raum genug haben."

Der Besuch und das Schreiben des Oberamtmanns waren erfolgt auf eine Meldung des Pfarrers vom 24.5.1574, "daß der Kirchenvorhof, da die Toten bestattet werden, von Häuslen und Cadamen ringsum eingenommen ist, dannenher die Kirch aber allerengenst gleich wie... ein Kluft zu ringsumher verfinstert, auch die Tür gar nieder ist und weder Sommer- noch Winterszeiten von der Sonne ganz beschienen wird. Ist offen von mir und der Gemein, etlich wenig Inhabern der Kirchgadamen ausgenommen, verlangt, die Kirch und deren Vorhof zur Begräbnis möchte erweitert werden, und nämlich so man die alten Kirchgadamen wie auch vor 2 Jahren in unserer Nachbarschaft zu Gochsen geschehen ist, abreißt und hinweggeräumt und hienach die eine Mauer der Kirche verrückt und weiter ausgeführt, würde der Kirchhof zur Begräbnis genugsam weit und die Kirch licht, hell und raumsam." Dazu vermerkte der Dekan, daß viele alte und junge Gemeindeglieder vor der Kirchtür stehen müssen, um "Gotts Wort zu hören". So sei es höchste Zeit, daß die Gemeinde "aus der Spelunca" herauskäme. Der Kostenvoranschlag lautete: "Das Obergiebeldach und die eine Seite an der Kirche abzubrechen und wieder aufzubauen in gemeldter Höhe, Länge und Dickte samt Material auf 300 Gulden." 23 Häuslen, die sowieso baufällig sind, sollen abgebrochen werden. Die Gemeinde bittet, durch besondere Steuer auf den allgemeinen Kirchenkasten zu Hilfe zu kommen. Sie will das Holz zugeben, denn an "Schönwald" mit gutem Bauholz habe sie keinen Mangel. "Es könnten Weiber und Kinder zu jeder Zeit in der Kirche sitzen und mit Fleiß Gottes Wort hören und sich daraus bessern." Die Gemeindeglieder sollten alle Hand- und Fuhrfron "erstatten". Die Inhaber der "Häuslin" sollten "auf der Kirchen neue Kammern erhalten. Sie verzichteten jedoch in der Mehrzahl darauf und suchten Platz in der neu errichteten Kelter. Endlich wird gebeten, "aus der herzoglichen Verwaltung 80 oder 100 Gulden aus Gnaden zu geben." Der Rest soll von anderen Kirchenpflegern des Amtes geliehen werden. "Könnt es aber nit sein", müßte man es an anderen Orten aufnehmen oder "bei den Vermöglichen Gutherzigen angesucht werden, ob sie es unverzinst und auf Wiedergeben darlehen." Der endgültige Kostenanschlag belief sich dann auf 800 Gulden, da "das ganze Mauer- und Zimmerwerk neu gemacht werden muß." Der Herzog bewilligte 150 Gulden, für den Rest wurden Darlehen aufgenommen, und zwar durch Vermittlung des Oberamtmanns von Lichtenstern, von den Kirchenpflegen von Willsbach, Sülzbach, Walbach, Obereisesheim, Eberstadt, zusammen 350 Gulden, von Möckmühl 100 und von Neuenstadt 200 Gulden, insgesamt 650 Gulden. Die Eberstädter wollten zunächst Wein liefern und den Erlös leihen. Aber darauf gingen die Brettacher nicht ein, "da sie denselben nicht verkaufen könnten", weil keine Nachfrage nach Wein bestünde. Die Rückzahlung brachte erhebliche Schwierigkeiten mit sich. Am 27.11.1587 erging eine strenge Verfügung vom Herzog, die Brettacher sollten Zins und Hauptschuld abtragen. 24 Jahre später, 1602, war die Schuldentilgung noch nicht abgeschlossen. Am 27.9.1574 bittet die Gemeinde, den Erweiterungsbau der Kirche noch aufschieben zu dürfen, denn "nit allein die Armen, sondern die auch etwas Vermöglicheren sind bei dieser leider so lang gewährten Teuerung so gar entblößt, verarmt und ausgesogen, daß der mehrere Teil ... mit dem Taglohn" selbst von Weib und Kind, "nicht wohl das täglich Laib Brot bekommen mag." Bei der Fron für die Kirchhoferweiterung habe Mancher 3 Tag keinen Bissen Brot gehabt. Denn es "hat viele Hof- und Lehnsgüter, die für andere mit Fron und Gülten höchst beschwerlich, so daß zur Handhabung derselben mancher zu eingekommener Ernt über 50 Gulden werd früh verkaufen müssen." Das Lagerbuch der Kellerei Neuenstadt erwähnt: "Es waren in Brettach 20 sogenannte Hundshoflehengüter, welche den herzoglichen Jägern, so oft sie dahin kamen, Hundslaibe und Haber für die Pferde zu reichen hatten; wenn der Amtmann oder der Keller von Neuenstadt zu Abhaltung des Vogtgerichts oder der jährlichen 4 Seelbotengerichte nach Brettach kam, hatte der Unterbeamte oder reisige Stabsschultheiß bei den Hundshofstätten abwechselnd Vogtshühner zum Mahl und Vogthaber sammt Hundslaiben zu sammeln." (Nach Beschreibung des Oberamts Neckarsulm, Stuttgart 1881.) Diese Schuldigkeit wird erst 1842 abgelöst. In ihrer Bitte um Aufschub des Kirchenumbaus erwähnen die Brettacher weiter, daß "sie zu dem Schloßbau in Neuenstadt Fron erstatten sollen und müssen." Die Ausführung des Bauplanes wurde verschoben. Eine endgültige herzogliche Verfügung setzte den Beginn schließlich auf das Jahr 1578 fest. Am 10.7.1578 wurde die alte Kirche abgebrochen. Die Verhandlungen waren zum größten Teil in der Amtszeit des Pfarrers Schwägerlin geführt, die Ausführung der Arbeiten geschah unter der Leitung des Pfarrers Vitus Bayer. Rühmend erwähnt werden bei dem Bau der neuen Kirche der Amtmann Erbermann aus Neuenstadt und der Schultheiß Engelhardt aus Brettach. Der Name des ersteren findet sich auf der fragmentarischen Bauurkunde an der Ostwand des Schiffes. Über dem Nordeingang steht der Name des Maurermeisters Clement Vock.

Zum Eingang der ersten Kirche, der im Westen lag, gelangte man durch das alte Tor im Südwesten der Wehrmauer. Siehe Bild 5. (W. Dorfer.)

Der Kirchweg führte sehr wahrscheinlich von der Mühlgasse aus über eine Treppe zur Kirche hinauf.. Der Torbogen ist in dem Mauerwerk der an dieser Stelle angebauten Scheune erhalten geblieben. Daneben ist ein zweiter etwas höher gelegener Torbogen sichtbar, der zu dem wahrscheinlich im Zusammenhang mit der oben erwähnten Kirchhofserweiterung von 1574 angelegten Eingang gehörte. Die 1578 erweiterte Kirche hatte zunächst noch nicht das heutige Aussehen. Die Sakristei befand sich an der Ostmauer zwischen Taufstein und Nordwand, also innerhalb des Kirchenschiffs. Vor ihr, am heutigen Platz des Taufsteins, stand der vergitterte Pfarrstuhl. Er wurde 1886 entfernt. Die Empore wurde erst 1681 eingebaut, reichte jedoch nur bis zum heutigen Nordeingang der Kirche. Dies wird bestätigt durch die noch verhandenen alten Konsolen, die nur bis dahin reichen, und durch die nur soweit durchgeführte alte Bilderreihe der Emporenbrüstung. Als Aufgang zur Empore diente eine Treppe an der Außenseite der Nordmauer. Sie begann an der heutigen Nordtüre. Das zweite Kirchenfenster läßt noch durch seine höher liegende Fensterbank und die Türangeln im Fenstergewände erkennen, daß hier der Eingang zur Empore war. Die Bemalung der Brüstung ist das Werk des Heilbronner Meisters Hans Veit Becker. Um die Mittel für diese Arbeiten aufzubringen und allgemein die Schäden des 30jährigen Krieges zu beheben, verkaufte die Gemeinde 1654 an die Herrschaft in Neuenstadt für 1281 Gulden den 212 Morgen großen Wald Kiefertal "nebst 12 Morgen vom älteren Gemeindewald." Wann die Kanzel von ihrem ersten Platz in der Südostecke des Schiffes gegen die Mitte der Südwand versetzt wurde, ist nicht bekannt. Diese Verlegung war nicht sehr glücklich. Noch in einem Pfarrbericht von 1828 heißt es: "Die Stellung der Kanzel ist zum Predigen nicht bequem." Die letzte Renovierung gab der Kanzel ihren eigentlichen Platz wieder. 1805 wurde der Boden des Altar- und Chorraums gegen den Plattengang des Schiffes um 1 Schuh (1 Schuh = 28 cm) erhöht. Bei den folgenden großen Renovierungsarbeiten 1843 wurde die Sakristei in der heutigen Form angebaut. Im Zusammenhang damit legte man einen neuen Aufgang zur Empore, zu der man von da ab nur noch durch einen neu in der Ostwand angebrachten Eingang gelangte. Die Empore wurde bis dorthin vorgezogen und für die hier aufgestellte Orgel ein neuer Platz auf einer weiteren Empore geschaffen, die an der Ostwand bis zum Chorbogen geführt wurde. Die an der neuen Emporenbrüstung fortgesetzte Bilderreihe verrät deutlich das 19. Jahrhundert. Im Jahre 1886 wurde das Kircheninnere neu gestrichen. Hierüber ist folgender ausführlicher Bericht des Pfarrers Hohbach erhalten: "... Die Brüstungen der Emporen, bei welchen von einem neuen Anstrich dermalen nicht die Rede ist, bestehen nämlich aus weißen Rahmen mit himmelblauen Feldern, welche durch schwarze mit Goldfarbe verzierte Säulchen voneinander getrennt und größtenteils mit biblischen Darstellungen ausgefüllt sind... Die Kanzelbrüstung hat blaue Felder, durch die vorhin beschriebenen Säulchen voneinander getrennt... Im Schiff befindet sich ein vergitterter Pfarrstuhl der ursprünglich grün angestrichen, aber später weiß überfahren war... Im Juni und Juli 1886 wurde nach Vorschlägen von Herrn Bauinspektor Dolmetsch im Innern der Kirche ein Anstrich der Wände und der Decke und des Gestühls im Schiff sowie der Emporenbrüstung der Orgel, der Kanzel, des Taufsteins und Altars vorgenommen, der vergitterte Pfarrstuhl... entfernt, das Geläute aus dem Chor über das Chor verlegt, im Turm eine neue Treppe angebracht... Für die hübschen Verzierungen in den Fensternischen berechnete Maler Schmid aus Neuenstadt keinen Arbeitslohn... Außerdem wurde im Chor ein (romanisches) Fenster von Kathedralglas mit gemalten Arabesken eingesetzt. Preis 13,50 M... Die unschönen Engel neben dem schönen Cruzifixus hätte man gern entfernt, schonte ihrer aber für diesmal." Die Gipserarbeiten wurden durch Gipser Hornung, Brettach, die Malerarbeiten durch Maler Schmid, Neuenstadt und die Schreinerarbeiten durch Schreiner K. Kuttruff für insgesamt 1160,- M ausgeführt. Die nächsten umfangreicheren Innenarbeiten wurden 1922 durchgeführt. Alle bis dahin erhalten gebliebenen Zeugnisse künstlerischer und geschichtlicher Entwicklung der Kirche: Stifternamen, Wandgemälde, Cruzifixus, Taufstein, Altar und Kanzel wurden einfarbig übermalt oder vergipst. Die letzte Renovierung 1955 versuchte, Kirchenschiff und Chor das alte Aussehen wiederzugeben. Die alten Bilder und Farben wurden freigelegt, die Ostempore und die Säulen im Mittelgang beseitigt, der Taufstein erhielt den ihm liturgisch zukommenden Platz, und die Kanzel wurde wieder an ihre ursprüngliche Stelle gerückt.

Epitaphe und Bilder

An der Nordseite, über der Empore zwischen dem ersten und zweiten Fenster, befand sich früher ein Epitaph. Auf dem vor 80 Jahren noch vorhandenen Bruchstück war der Name Canofsky zu lesen Er bezog sich auf den Forstmeister Canofsky, der mit vollem Namen Junker Heinrich Chanofsky, Herr zu Langendorf, hieß und 1609 württembergischer von 1594- Forstmeister in Neuenstadt war. Er hat in Brettach das "Schlößchen" erbaut, das der Herzog Friedrich 1664 für 863 Gulden kaufte. An der Südwand stehen die Grabsteine des 1613 verstorbenen Pfarrers Georg Müller und des 1642 verstorbenen Pfarrers Caspar Schäfer. Auch an dieser Wand fanden sich zwischen dem zweiten und dritten Fenster Spuren eines Epitaphs. Es gehörte wohl zu den "Denkmälern", die nach der Chronik des Schultheiß Häfelin bei den Arbeiten 1843 zum "Leidwesen der Gemeinde" zerstört worden sind. Das rechts vom Chor hängende Auferstehungsbild zeigt am unteren Rand den Stifter mit seiner Familie. Es war der Erbauer des Gasthauses "Zum Lamm", Melchior Greiner, der das Bild nach dem Tod seiner ersten Frau der Kirche geschenkt hat. Am 10. November 1590 war er hier getraut worden "mit Barbara, Philipps Ayermanns seligen nachgelassenen Tochter". Am 14. Februar 1609 schloß er als Witwer eine zweite Ehe. Im ersten Traueintrag wird er "Hans Greiners Gutmeisters in der Vischbach son" genannt. Zu diesem Besitznamen gehört das Wappen, ein Frauenkopf mit einem Fischleib, das man auf dem Bilde sieht. Besitz und Wappen haben folgende Geschichte: Der Hohenlohe'sche Sekretär Wendel Hipler kaufte sich 1507 an der oberen Rot an. Seine Besitzung trug den Namen Fischbach, vielleicht nach einem heute nicht mehr vorhandenen Ort Fischbach an der Rot. Auf seinem Siegel nannte er sich "Wendel Hipler von der Fischbach". Nicht weit von Finsterrot besaß Ulrich Greiner die älteste Glashütte des Mainhardter Waldes. Mit diesem Nachbarn geriet Hipler in Streit, in dessen Verlauf er die Glashütte des Greiner zerstörte. Dazu stellten ihm die Grafen von Löwenstein Dienstleute zur Verfügung, weil sie bei Neuhütten eine eigene Glashütte einrichten wollten und auf diese Weise die Konkurrenz auszuschalten gedachten. Ulrich Greiner wurde durch Urteil des Reichskammergerichts, das damals in Rottweil tagte, mit dem Besitz des Wendel Hipler, eben der Fischbach, entschädigt. Hipler verscholl im Bauernkrieg als der "Bauernkanzler". (Nach "Jahrbuch des Geschichtsvereins Schwäbisch Hall".) Ein Hans Greiner errichtete 1568 eine Glashütte in Mittelfischbach. Einer seiner Söhne war Melchior, der sich nach Brettach verheiratete.

Die Bilder von Luther und Melanchthon stammen aus dem Jahre 1897. Darüber findet sich folgender Eintrag in dem Protokollbuch des Kirchengemeinderats unter dem Datum des 25. April 1897: "Dem Kirchengemeinderat wird zur Kenntnis gebracht, daß auf den Konfirmationstag von unbekannter Hand aus der L. Schaller'schen Kunstbuchhandlung in Stuttgart für die hiesige Kirche zwei schöne Wandgemälde, bestehend in den Bildern Luther und Melanchthon, gestiftet worden sind, mit dem Beifügen: für die Kirche in Brettach gestiftet aus Anlaß der 400jährigen Geburtstagsfeier Philipp Melanchthons zum Dank für Gottes lauteres Wort." Eine Besonderheit sind die Gemälde an der Nordwand, die beim Abklopfen des Verputzes durch den Gipser zum Vorschein kamen. Sie gehören zu den ältesten e v a n g e l i s c h e n Wandgemälden in Württemberg. Soweit sie erhalten sind, stellen sie Martin Luther mit dem Schwan, Johannes den Täufer und die vier Evangelisten dar. Die 12 Apostel waren auf West und Südwand verteilt. Über dem Chorbogen war Christus als Weltenrichter dargestellt. Leider gestatteten die noch vorhandenen Spuren eine Wiederherstellung nicht mehr. Die Darstellung Luthers mit dem Schwan hat folgende Bedeutung: Der Schwan kommt schon im ältesten christlichen Schrifttum als Symbol der Propheten des Alten und Neuen Bundes auf. Auch in germanischen Erzählungen ist der Schwan das Zeichen für die Gabe der Weissagung. Daran erinnert uns noch die Redensart "mir schwant...", die bedeutet: ich ahne. Luther kannte in seiner Jugend eine ritterliche Vereinigung, die das wahre christliche Leben verwirklichen wollte. So hat er später selber von dem Schwan als Zeichen der echten Kirche gesprochen: "Die Kirche gleicht darin dem Schwan, daß sie wie er breitfüßig ist, das heißt, auf einer festen Grundlage ruht, die nicht einmal von den Pforten der Hölle zerstört werden kann. Sie lebt außerdem wie er an Seen und Sümpfen, das heißt, sie trachtet nicht nach Weltherrschaft noch nach dem Zugang zu stolzen Königen, sondern hat ohne Aufhören harte Schicksalsschläge zu erdulden." Dieses Bild führte dazu, daß der Schwan das Zeichen der lutherischen Kirche wurde. Dazu kommt, daß Hus, der 1415 in Konstanz verbrannt wurde, in einem Brief an seine Freunde geschrieben haben soll: "Sie haben eine Gans gefangen. Es wird aber ein Schwan kommen, den sie nicht fangen werden." Hus bedeutet Gans. Der Schwan war in Luther gekommen. Noch 1787 wurden "die in der Kirche in Lebensgröße angemalten 12 Apostel wiederum renoviert und angemalt..." Sie sind sehr wahrscheinlich ebenfalls 1843 mit den anderen "Denkmälern" zerstört worden. Die Darstellungen von 1578 wurden offenbar im 17. Jhdt. übermalt.

Die Orgel

Die ersten Aufzeichnungen über Kirchenmusik in Brettach erwähnen eine Kapelle, die an Festtagen musizierte. Im Jahre 1654 wurde von einem Präzepior in Neuenstadt ein Positiv mit vier Registern erstellt für den Preis von 50 fl. Die erste Orgel mit 10 Registern wurde 1681 angeschafft. Orgelbauer war Johann Karl Hammer aus Pfedelbach. Es war das Jahr, in dem Brettach das Recht zur Abhaltung eines Jahrmarktes (Brettacher Markt) erhielt unter dem Stabschultheiß Johann Jakob Elsäßer. Dieser Markt wurde erstmals am St. Gallustag (16. Oktober) abgehalten. Nachdem das Orgelwerk mehrere Male renoviert und gereinigt worden war, u. a. durch einen Orgelmeister von Steinbach und Schwäbisch-Hall sowie durch J. G. Prüss, Hoforgelmacher von Hohenlohe-Neuenstein, wurde es 1844 von Orgelbauer Hauthuff aus Pfedelbach erweitert und verschönert und auf der zu diesem Zweck angebrachten Ostempore aufgestellt. Vorher stand die Orgel unter einem besonderen Vordach außerhalb des Kirchenschiffes über einem Teil der jetzigen Sakristei. Dieses Vorhäuschen ist auf dem alten Lageplan zu erkennen, in der durch Turm und Schiff gebildeten Nordostecke. "Im Sommer 1787 haben das mit einem Doppeldach versehene Langhaus, wie auch das Dach ob der Orgel bei dem Vorhäuslein herum zu decken 3 Maurermeister und 1 Geselle 28 und 3/4 Tag gearbeitet" für im ganzen 19 Gulden. Dieses Orgelhäuschen ging in der 1844 neu angebauten Sakristei auf. 1922 stellte die Firma Walcker, Ludwigsburg, die neue Orgel auf der Westempore auf. In der Inflationszeit wurden die Kosten in Höhe von 250 000,- M. aus dem Erlös von 26 Zentnern Hafer bestritten. Der Orgelprospekt stammt aus früherer Zeit, vielleicht gar von der ersten Orgel des Jahres 1681.

Kirchenheizung

Im Jahre 1894 wurde im Mittelgang der bisher ungeheizten Kirche ein Wasseralfinger Ofen aufgestellt. Er wurde 1937 durch eine Warmluffheizung ersetzt. Der Kronleuchter wurde zu Sylvester 1893 gestiftet und von einer Berliner Firma hergestellt.

Der Kirchturm

Das Dach des 1578 erweiterten und erhöbten Kirchenschiffes wurde bis zum Jahre 1663 von dem alten, aus Quadern massiv erbauten, 32 m hohen Kirchturm überragt. Nachdem einige Zeit vorher der Blitz eingeschlagen hatte, fiel der obere Teil des Turmes am 12. September 1663 nachs um 10 Uhr während des Türkenläutens zusammen. Am 28. September desselben Jahres berichten Pfarrer, Schultheiß, Anwalt und Gericht (Gericht bedeutet Pfarrgemeinderat) für sich und "im Namen ganzer armer Gemeind zu Brettach: Bei uns grundverarmten untertänigsten Supplicanten ist das bekannte Sprichwort Nulla calamitas sola (übersetzt: kein Unglück kommt allein) leider allzuwahr, wann uns der höchst erzürnte Gott nit allein im verschienenen Winter an dem Rebwerk mit Gefröhrin zu schädlicher Schwächung, daß armen Mannes vorhin geringer Nahrung erstlich gestraft, darauf im hingewichenen Sommer unterschiedliche, unerhörte Wasserfluten unsere Felder mit Mißwachs überschwemmend und mit gründlicher Verderbung... unwiederbringlichen Schaden verursacht, bald darauf unsere noch in dem Feld gestandene Winter- und Sommerfrüchte, wie nicht weniger die vom Wintergefröst noch wenig übergebliebenen Trauben von einem höchst schäblichen Hagelwetter dergestalten zerschlagen worden, daß wir von allem den dritten Teil ererntet; sondern es ist auch den 12 ten umstehenden Monats nachts um 10 Uhren eben in dem damals entstandenen großen Läuten wegen angeschienener Türkengefahr, und da man Gott mit fleißiger Besuchung der Kirchen und eifrigem Gebet in die Ruten fallen sollen, unser von lauter sehr großen Quadern erbaut gewesener Kirchturm, worin vor Jahren das Wetter geschlagen und dadurch sonder Zweifel das Fundament also erschölt worden, über ein Haufen gefallen, der dann zwo große Glocken gefällt, die Uhr wie auch ein Stück von dem Langhaus, dem Altar, die Richter = (Pfarrgemeinderät) und etliche Weiberstühl, alles zerschlagen, die Kanzel auf eine Seite gedrückt, und demnach eine solche Ruin entstanden, die wir mit vielen Hundert, ja zwei oder dreitausend und mehr Gulden nicht wie derum reparieren lassen können." Angesichts der dringenden Notwendigkeit für die Gemeinde "wieder ein Geläut mit Schlagwerk anzurichten, damit dieselbe danach wiederum zu dem Gottesdienst berufen werden möchte und sie nicht als wie in einer Einöde gleichsam ohne Klang und Gesang, ohne Schlagen und Läuten dahinleben müssen...", beantragen sie: Es möge ihnen eine Sammlung in mehreren Ämtern und freien Reichsstädten gestattet und 20 fl. aus dem Kirchenkasten bewilligt werden. Der Bescheid der herzoglichen Verwaltung lautete: "Unser gnädigster Fürst und Herr resolviert sich... dahin, daß sowohl von dem Kirchenkasten als Rentkammer jeder als 20 fl. beigeschossen werden sollen. Im übrigen hat es bei gegenwärtigem Gutachten sein Bewenden." So mußten die Brettacher in der Hauptsache aus eigenen Mitteln die Reparatur vornehmen. Sie rissen den Turm bis auf die halbe Höhe ab, setzten einen Fachwerkstock und eine mit Hohlziegeln versehene Turmspitze darauf. Infolge des Glockensturzes war das Gewölbe des Chores zerstört worden. So ist zu erklären, daß im Chor keine Deckenmalereien mehr vorhanden sind. 1748 mußte eine größere "Reparation" vorgenommen und der Turm umgedeckt werden, da "das Regenwasser überall durchgedrungen und bis auf den Altar heruntergeloffen war." Schon im Juli 1776 heißt es wieder "Der allhiesige Kirchturm, dessen oberstes Dachwerk mit Ziegeln gedeckt ist, hat durch die Länge der Zeit von oben herein so Schaden genommen, daß die Helmstangen ganz verfault und auch die Sparren zum Teil beschädigt und abgängig werden. Wir werden daher in die Notwendigkeit gesetzt, eine neue Helmstange einziehen und den Turm wieder gut und dauerhaft herstellen zu lassen, damit aber solche Reparation von desto längerer Währung sein möchte, haben wir resolviert, das Turmdach vom Knopf an 16 Schuh herab mit guten Schiefern einzudecken und die O-Gräten mit Weißblech zu beschlagen" Die Arbeiten wurden ausgeführt durch Schieferdecker Wendel Brand von Sachsenfluorn, Bocksberger Amts für 115 Gulden. Nachdem der Turm 1794 wieder für 40 Gulden ausgebessert worden war, zerstörte der Blitz in der Nacht vom 20. auf 21. Juni 1803 den noch mit Ziegel gedeckten Teil des Daches. Nun wurde das ganze Turmdach mit Schiefer gedeckt von Schieferdecker Wanner in Ohringen in Gemeinschaft mit dem Hofschieferdecker Baumhauf in Stuttgart für 804,20 Gulden. Der Schieferdecker bot "lebenslängliche Gewährschaft außer den gewaltsamen Beschädigungen durch Ungewitter oder andere unverschuldete Unfälle." Seit diesem Umbau hat der Turm seine heutige Gestalt. Das Türmchen, in dem das Taufglöckchen hängt, wurde wahrscheinlich 1864 angebracht. Der alte Wehrturm ist in der unteren Hälfte des Kirchturms noch erhalten. Siehe Bild 8! Im Juli 1805 wurden Langhaus und Turm von den Maurern Konrad Schuh, Heinrich und Johannes Salve für einen Arbeitslohn von 102,21 Gulden neu verputzt. Sie verbrauchten dazu 40 Zentner Kalk, 4 Pfund Rehhaar und 10 Fuhrlasten Sand. 1829 wurde der Turm wieder repariert. Nach der Urkunde im Turmknopf hatte Bretiach damals 936 Einwohner. 1843 wurde ein neuer Turmhahn aufgesetzt, Turm und Kirche mit einem Blitzableiter versehen. 1900 wurde eine weitere Kirchturmausbesserung vorgenommen. Als 1929 Turmhahn, Kreuz und Knopf zu abermaliger Reparatur infolge eines kalten Blitzschlages abgenommen werden mußten, wurde festgestelit, daß 3 Urkunden im Turmknopf niedergelegt waren von 1829, 1843 und 1900. Nun wurde eine vierte beigefügt samt einer Sammlung von Papiergeld aus der Inflationszeit 1922 / 23. Die letzte Überholung fand 1955 anläßlich des Umdeckens des ganze Daches statt. In der jetzigen Gestalt und Höhe von 31 m ragt der Kirchturm also rund 150 Jahre über die Häuser des Dorfes.

Die Glocken

Die vor 1663 vorhandenen und beim Niederstürzen beschädigten Glocken wurden ersetzt durch zwei Glocken, die 1665 in Heidelberg von Timotheus Hertz gegossen waren. Die erste, 560 kg schwer, trug neben dem Namen des Glockengießers und der Jahreszahl die Namen des Pfarrers Johannes Pfitzius und des Schultheißen Albertus Knör. Die zweite wog 360 kg. Sie waren abgestimmt auf die Töne b und g. Vor 1802 war noch ein drittes Glöckchen vorhanden, denn in diesem Jahr wurde es, weil zersprungen, durch ein neues ersetzt. Im Jahre 1864 wurde eine weitere Glocke von den Gebrüdern Bachert in Kochendorf gegossen. Sie trug die Namen des Pfarrers C. Haug, des Schultheißen J. Säemann, des Stiftungspflegers Chr. Herrmann, des Gemeindepflegers W. Kuttruff und den Spruch Ehre sei Gott in der Höhe. 1866 wurde das kleine Glöckchen von 1802 durch ein neues ersetzt. Nun besaß die Kirche vier Glocken. "Weil schadhaft" wurden 1902 die beiden letzteren Glocken ersetzt durch eine große, 1000 kg schwere Glocke irn Tone "es" und eine kleine, 150 kg schwere Glocke im Tone "des". Die größere trug die Inschrift "Hört den Ruf und kommet gleich, kommt alle in Gottes Reich, Friede, Friede sei mit euch." Das "Taufglöckchen" trug die Inschrift. Wenn wir taufen, höre, unsre Kinder lehre, Herr, zu deiner Ehre. Bis zum ersten Weltkrieg war das Geläute auf die Töne es, g, b, es gestimmt und wog 2050 kg. In den Kriegsjahren 1914/18 mußten die beiden alten Glocken von 1665 sowie das Taufglöckchen abgegeben werden. Am 12. Oktober 1919 wurden zwei neue Bronzeglocken in den Tönen ges und b eingeweiht. Erstere wog 780 kg, letztere 370 kg. Sie hatten 11 000,- M gekostet. Die ges-Glocke trug die Inschrift "Wie sind die Helden gefallen im Streit. 2. Sam. 1, 25 Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben. Offbg. Joh. 14,13. Ausmarschiert 258, gefallen 67, vermißt 8, in Gefangenschaft 16. "Die b-Glocke trug den Spruch "Mein Mund soll des Herrn Lob sagen. Ps. 145, 21." Bis zum zweiten Welikrieg war das Geläute ein harmonisches in den Tönen es, ges, b und des. Auf diesen letzten Ton war das kleine Glöckchen gestimmt, das 1926 zu den drei großen Glocken hinzukam. Sie wurde mit dem Vers versehen "Die Großen rufe ich zu Hauf / den Kindlein läut ich zur Tauf / die Eltern geleite ich heim / dazu erschallt die Stimme mein.» Dieses Geläute hatte ein Gewicht von 2343 kg. Im zweiten Weltkrieg mußten die drei größten Glocken abgeliefert werden. Als einzige Glocke verblieb der Gemeinde das Taufglöckchen. Am 19. März 1950 wurden zwei neue Glocken, von der Firma Bachert in Heilbronn für die Gemeinde Brettach gegossen, eingeweiht. Die größere im Tone fis wiegt 813 kg und trägt den Spruch "Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosianna in der Höh'." Die kleinere im Tone a wiegt 413 kg und trägt den Spruch "Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen !" Die größte Glocke, von der Firma Bachert, Heilbronn, im Tone e' u mit dem Gewicht von 1158 kg gegossen, wurde am 2. August 1959 eingeweiht. Als Inschrift trägt sie den Spruch "Ehre sei Gott in der Höhe!" So symbolisieren die drei Glocken die Dreieinigkeit. Es ist ein melodisches Geläut in den Tönen e', fis, a und cis. Die drei Glocken wiegen zusammen 2621 kg. Das K!angvolumen ist also etwas größer als die bisherigen.

Die Kirchturmuhr

Wie aus dem oben erwähnten Bericht an den Herzog über den Einsturz der oberen Hälfte des Kirchturms 1663 hervorgeht, waren damals schon eine Uhr und ein Schlagwerk vorhanden. 1768 wird eine namhafte Reparatur der Kirchenuhr erwähnt. In dem Pfarrbericht von 1828 heißt es "Die Uhr ist eine gewöhnliche Dorfuhr... Besonders ist in Bezug auf die Zeit des Gottesdienstes und eine genaue Bestimmung derselben der Umstand unangenehm, daß sie keine Viertel- und halbe Stunden angibt." 1892 wurde die heutige Kirchturmuhr für 1000,- M von der Firma Hörz, Ulm, eingerichtet. Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß auch die Firma Unger aus Straßburg im Elsaß einen etwas niedrigeren Kostenanschlag eingereicht hatte. Diese Firma war die Nachfolgerin des bekannten Schwilgue, von dem die berühmte Straßburger Münsteruhr stammt. Die Firma Hörz erhielt den Zuschlag, weil sie einheimisch war.

Der Kirchhof

Wie aus dem Bild ersichtlich ist, war der ursprüngliche Friedhof klein. Als Wehrfriedhof war er durch eine 0,90 m dicke Mauer eingefaßt, die ein 8-10 m breiter Grab umgab. Der Verlauf des Grabens ist auf der östliche und nördlichen Seite der Mauer gut zu erkennen. Er war an der Nordwestecke mit dem Teich verbunden, in den der Dorfgraben mündete. Von den beiden Eingangstoren im Südwesten der Wehrmauer ist weiter oben schon gesprochen. (Siehe Bild 5!) Die nördliche Hälfte des heutigen Kirchenschiffes war ein Teil der alte Begräbnisstätte. Kurz vor der Vergrößerung der Kirche war der Friedhof gegen Westen erweitert worden (1574). Von einer abermaligen Erweiterung zeugt das Pesttörchen. Leider ist nicht mehr festzustellen, wann der heutige Eingang angebracht wurde. 1578 bestand er auf jeden Fall schon. Hauptreparaturen der Kirchhofsmauer werden 1707 und 1817 verzeichnet. Die bedeutendste Ausdehnung bzw. Veränderung wurde 1839-44 durchgeführt. Damals erhielt der Kirchhof die heutige Größe und auch sein heutiges Aussehen. Gärtnerische Anlagen wurden geschaffen, der Plattengang um die Kirche herum gelegt, leider auch das Torhäuschen mit Türmchen und gewölbtem Archiv abgebrochen. Der Friedhof um die Kirche herum ist ein sichtbarer Ausdruck davon, daß die in der Kirche versammelte Gemeinde sich mit den Toten als "eine Gemeinschaft in dem Herrn" weiß. Darum heißt es in der Aufforderung zum Lobgesang in der Feier des Hl. Abendmahis "... mit allen Seligen und Vollendeten singen wir dir den Lobgesang". In alten Kirchenordnungen steht „Es haben die Alten Begräbnisse bei und neben der Kirche darum verordnet, daß sie dadurch ihren Glauben bekannten, daß sie nämlich eben an dem Ort, wo sie die Lehre von Christo. dem Überwinder des Todes, predigen hören, auch die Auferstehung ihrer verstorbenen Leiber erwarten und demnach den Tod nur für einen süßen Schlaf und das Grab für ein sanftes Ruhebett und Schlafkämmerlein halten." Darum gehören auf christliche Gräber nicht Denkmäler heidnischer Verzweiflung und Trauer wie abgebrochene Säulen u. a. m., sondern Denksteine mit dem ragenden Kreuz, dem Zeichen des Sieges über Tod und Grab.