Im Baugebiet Stadthohle III in Brettach
gibt es seit einiger Zeit die Franz-Häfelin-Straße. Interessierte
Bürger fragen immer wieder, wer denn nun dieser offensichtlich berühmte
Mann war.
Die Vermutung, es könnte sich
bei dem Namensgeber um einen Dichter, Musiker, Politiker oder um sonst
einen überregional berühmten Menschen handeln, trifft nicht zu.
Franz Häfelin lebte und wirkte jahrzehntelang in Brettach. Als wieder
einmal nach neuen Straßennamen gesucht wurde, war man nach sehr sorgfältiger
Prüfung bei der Verwaltung und im Gemeinderat der Meinung, dem Franz
Jakob Häfelin posthum die Ehre zu erweisen, Träger eines Straßennamens
in Brettach zu sein.
Franz Häfelin war in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Brettach Schultheiß und Ratsschreiber.
Im Zusammenhang mit diesen Ämtern - und vor allem weit über seine
berufliche Tätigkeit hinaus - war er Chronist. Ihm verdanken wir eine
Fülle von ortsgeschichtlichen Erkenntnissen, und das nicht nur aus
dem 19. Jahrhundert.
Franz Jakob Häfelin wurde am
25.7.1785 in Weiler bei Löwenstein als Sohn des Schullehrers Johann
Jakob Häfelin geboren. Über seine Kindheit ist nichts bekannt.
Am 23.11.1817 heiratete er Sophie
Elisabeth Ehmann (Hausname: "Schlößles-Ehmanns") aus Brettach.
Er wohnte fortan mit seiner Familie im damaligen Haus 44 nahe dem alten
Brettacher Rathaus, der heutigen Gemeindehalle. Franz Häfelin starb
am 21.1.1868.
Franz Häfelin war neben seiner
amtlichen Tätigkeit und seiner Liebhaberei, der Geschichte, Zeit seines
Lebens Landwirt und vor allem mit Leib und Seele Wengerter. Als solcher
war er besonders erfolgreich: Er bekam für seine theoretischen Arbeiten
und für praktische Erfolge im Weinbau häufig regionales Lob und
sogar eine Landesauszeichnung.
Im Jahre 1815 wurde Franz Häfelin
zum Schultheißen und Ratsschreiber in Brettach gewählt. Dieses
Amt begleitete er bis 1837. Von 1837 bis 1861 war er Ratsschreiber in Brettach.und
gelegentlich auch für verschiedene umliegende Gemeinden.
Während seiner verdienstvollen
22jährigen Arbeit als Schultheiß gab es für ihn nicht nur
angenehme Aufgaben. Wie das Amt des Schuftheißen zu allen Zeiten
das halt so mit sich bringt. Aus Häfelins Amtszeit ein Beispiel aus
der Baugeschichte des Dorfes: Schon kurze Zeit nach seinem Amtsantritt
machte Häfelin auf den sehr schlechten baulichen Zustand der Brettacher
Schule, die neben dem Pfarrhaus auf dem heutigen Gelände des evangelischen
Gemeindehauses stand, aufmerksam. Er setzte sich vehement dafür ein,
die total baufällige Schule abzureißen und neu aufzurichten.
Sein Ansinnen löste innerhalb des Rates und zwischen ihm und dem Rat
jahrelangen heftigen Streit aus. Schließlich wurde aber doch 1820
die alte Schule abgerissen und, wie es heißt, "unter viel Verdrießlichkeit
und Widerspruch in einer bedrängten Zeit" (Geldknappheit!) für
2500 Gulden eine neue Schule gebaut.
Offensichtlich schien nach den Napoleonischen
Kriegen und nach dem Hungerjahr von 1816/17 den Brettachern ein Schulhausneubau
nicht so. dringlich. Sowieso war damals den Bauern die Mithilfe der Kinder
zuhause oft viel wichtiger als der Schulbesuch. Manche arme Bauern konnten
ja nicht einmal das Schulgeld für ihre Sprößlinge bezahlen...
Und nun befürchteten die Bürger wahrscheinlich auch noch höhere
Abgaben. Für Häfelin war es nicht einfach, den Leuten klarzumachen,
daß bessere schulische Bedingungen wichtig sind für die Zukunft
ihrer Kinder.
Häfelins Verdienste sind in
,erster Linie in seinen weit über seine Ratsschreibertätigkeit
hinausgeheriden Aufzeichnungen über Brettach zu sehen. Durch seinen
46jährigen Aufenthalt im Dorf hat er die Verhältnisse genau gekannt.
Seine Schriften sind eine Fundgrube
für die Heimatgeschichte:
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In seiner Statistik und Topographie
von Brettach beschreibt er sehr ausführlich die Zustände und
Verhältnisse um und außerhalb seiner Markung.
In diesem Buch erklärt
er unter anderem den damaligen Zustand des Dorfes:
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Der Ort Brettach; eine allgemeine Beschreibung
aller erwähnenswerten Anlagen
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Beschreibung der wichtigsten Gebäude in Brettach
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Beschreibung aller Gebäude von
Brettach auf der Grundlage eines 1834 erstellten ausführlichen Lageplans
des Dorfes von Geometer Kuder
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Die Aktivbürger und Aktivbürgerinnen um 1850
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Die Erzeugnisse des Bodens
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Weinbau und Weinberge, Obst- und Gartenbau
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Gewässer, Brunnen, Straßen, Brücken; Gesteine
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Ackerbau und Viehzucht
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Der Wald
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Entwurf einer Ortschronik.
Darin hat Häfelin versucht, eine
Chronik von der Geburt Christi bis ca 1850 zu erstellen. Den breitesten
Raum nehmen darin ausführliche Wetterbeschreibungen und Getreidepreise
ein, die er wohl aus Unterlagen aus dem alten Brettacher Rathaus übernommen
hat. Neben den interessanten ortsgeschichtlichen Überlieferungen sind
die übrigen historischen Tatsachen meist sehr allgemein gehalten.
Alles in allem sind die Häfelinschen Unterlagen eine wertvolle Quelle
für die Ortsgeschichte. Durch Häfelin sind uns teilweise Ortsgeschichtliche
Kenntnisse von vor dem 19. Jahrhundert erhalten geblieben; .denn bekanntlich
sind alle Dokumente, die 1945 im alten Rathaus lagerten, verbrannt.
Daß von Häfelin auch noch
einige nette Gedichte erhalten sind, sei nebenbei erwähnt. Seiner
Topographie hat Häfelin das folgende Motto vorangestellt:
Die Geschichte war zu allen Zeiten
die
treueste Lehrerin des Menschengeschlechts;
sie ist es noch und wird es auch
künftig sein.
Wohl dem, der auf ihre ernste
Mahnung achtet
und ihrer weisen Lehre folgt
(Häfelin)
Angesichts der vergangenen 150 Jahre
deutscher Jahre Geschichte eine
(fast) prophetische
Mahnung. |
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aus "Rückblicke" des Heimatgeschichtlichen
Vereins Langenbrettach e.V. [Nr. 61]
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